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Die organisierte Handwerkerschaft setzt weiter auf Frauenpower

Von Kirsten Gehrke – Nordkurier – Demminer Zeitung 22. Januar 2021

Nach 16 Jahren an der Spitze der Kreishandwerkerschaft verabschiedet sich Marlies Händschke in den Ruhestand. Ihre Nachfolgerin an der Seenplatte ist eine Neustrelitzerin, die familiäre Wurzeln im Handwerk hat.

Stavenhagen. Eigentlich hätte sich Marlies Händschke ihr letztes Berufsjahr entspannter gewünscht. Doch mit Corona kam noch einmal eine besonders große Herausforderung auf sie zu. „Das letzte Jahr war eine neue Welt“, sagt die langjährige Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Mecklenburgische Seenplatte. Sie war weniger unterwegs, hat dafür mehr telefoniert und Videoschalten gehabt. Jeden Tag kam seitenweise Papier, aus dem das Wichtigste kurz und verständlich zusammenfasst werden musste. Kein Handwerker lese die vielen Seiten einer Verordnung allein durch. „Die haben wir uns dann angeguckt“, sagt Händschke. Und auf ein Minimum für das entsprechende Handwerk reduziert. Es traten Fragen auf zu Kurzarbeit, Anträge einreichen, Einschränkungen. So seien sie dafür da gewesen, die Not der Unsicherheit zu lindern.
Das sei eine riesengroße Aufgabe gewesen, von April bis September haben sie auch in Kurzarbeit gearbeitet. Als Marlies Händschke im November 2004 den Posten an der Spitze der Kreishandwerkerschaft Müritz-Demmin übernommen hat, hätte sie sich nie träumen lassen, dass sie mal zu einem Krisenmanager in einer Pandemie werden würde. Handwerk affin war sie schon immer. Sie hat Schlosser gelernt und Maschinenbau in Wismar studiert, hat in der Motoreninstandsetzung gearbeitet. Nach der Wende war sie technischer Berater in der Automobil-Branche. Dann war die Stelle in der Kreishandwerkerschaft ausgeschrieben. „Ich hab mit allem gerechnet, aber nie gedacht, dass ich mal Chefin werde“, sagt Marlies Händschke. Denn Handwerk und Frauen, das war in der Männerdomäne noch nicht selbstverständlich. Da sei sie etwas überrascht gewesen, dass sie von den Innungsobermeistern bestätigt worden sei. Wobei sie es aus DDR-Zeiten schon anders kannte, wo durchaus Frauen in leitenden Positionen waren.
Hier nun war sie auf Schlag eine 18-fache Geschäftsführerin, stand nicht nur an der Spitze der Kreishandwerkerschaft, einer Arbeitgebervertretung, sondern auch an der Spitze von 17 Innungen. 2018 gelang mit ihr die Fusion der Kreishandwerkerschaften Müritz-Demmin und Mecklenburg-Strelitz-Neubrandenburg. Der Sitz blieb in Stavenhagen. Anfangs war es schwierig zusammenzuwachsen. Denn bei der Unterstützung der Betriebe gab es bei MST-NB andere Auffassungen als hier. „Es war sowohl für uns gewöhnungsbedürftig als auch für die Mitgliedsbetriebe in Neubrandenburg.“ Ihre Aufgabe war es nun, einen gemeinsamen Weg zu finden, von dem alle profitieren. Das sei gelungen. Kein Mitarbeiter musste gehen, kein Innungsmitglied hat von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch gemacht. Alle großen Reibungspunkte seien aufgearbeitet, wenn Marlies Händschke jetzt in den Ruhestand geht. Im März wird sie 65.
Die Geschäftsführung hat sie daher im Januar an die 48-jährige Aurelia Lange übergeben. Die Neustrelitzerin ist gelernte Fachwirtin für Krankenversicherung, hat 28 Jahre bei der Innungskrankenkasse (IKK) in Neubrandenburg gearbeitet. Die IKK sei dem Handwerk zugetan, dadurch habe sie bereits einen Bezug zur Kreishandwerkerschaft gehabt. Wenn sie ehrlich sei, habe sie Marlies Händschke von dort 2019 abgeworben, eigentlich als Mitarbeiterin im landesweiten Projekt „Das Beste am Handwerk“, in dem es um die Gewinnung von Lehrlingen ging. Da war sie Ansprechpartnerin für die Seenplatte, warb unter anderem auf Messen, via Facebook und Instagram für Handwerksberufe, machte also Ausbildungsmarketing. Dann kamen Corona und Kontaktverbote, konnte sie nicht mehr den ganzen Tag rausfahren und blieb mehr in der Zentrale. So habe sie mehr im Haus mitbekommen, wie die Arbeitsabläufe funktionieren, lernte die Arbeitsfelder anderer Mitarbeiter kennen. Als Marlies Händschke ihren Ruhestand ankündigte, hat sie sich auf die Stelle beworben und war aus mehreren Bewerbern ausgewählt worden.
In den Fußstapfen ihres Großvaters
Groß geworden ist sie in einer Handwerker-Familie. Es gab Tischler, Schuhmacher, Schneiderin, Zimmermann. Sie ist Tochter eines Handwerksmeisters, ihr Mann ist Dachdecker. Zu ihren Freunden zählen Brunnenbauer, Maler, Fliesenleger, Sanitärfachleute. „Mein Herz schlägt fürs Handwerk“, sagt Aurelia Lange. Und jetzt tritt sie sogar in die Fußstapfen eines Großvaters, der Tischler war und zu DDR-Zeiten Leiter der Außenstelle der Handwerkskammer, was heute die Kreishandwerkerschaft ist – ein freiwilliger Zusammenschluss der Innungen. Als Neue an der Spitze will die 48-Jährige jetzt nicht alles umkrempeln, sondern der Tradition treu bleiben und beibehalten, was gut läuft. Die Corona-Zeit machte es möglich, dass Marlies Händschke sie schrittweise einarbeiten konnte.
Die 64-Jährige indes will in ihrem Ruhestand nicht gleich auf Null runterfahren und als Vorsitzende des Vereins „Gesund tut gut“ die Verbindung noch halten. Der Verein hilft beim betrieblichen Eingliederungsmanagement für Langzeitkranke. Und dann möchte Marlies Händschke endlich viel Fahrrad fahren. „Ich wünsche mir, dass ich lange gesund und fit bleibe“, sagt sie.

 

Investitionen statt Kurzarbeit!
Mit diesen Worten wendet sich das regionale Handwerk in diesen Tagen an die öffentlichen Auftraggeber.

Für das Maßnahmenpaket von Bund und Ländern in der Corona-Krise sind wir dankbar.
Kredite, Stundungen und Zuschüsse können bei kurzfristigen Liquiditätsproblemen und vorübergehendem Umsatzausfall den Betrieben tatsächlich helfen.

Im Maler und Lackiererhandwerk – stellvertretend für den Bau- und Ausbaubereich – rechnet aber jedes zweite Unternehmen mit Umsatzausfällen in den nächsten sechs Wochen von über 50 Prozent. Der Liquiditätsbedarf liegt nur im Malerhandwerk bei 2,8 Milliarden Euro. Die Rezession wird nachhaltig sein und die Existenz der Betriebe stärker bedrohen als die Kontaktsperre.

Die Investitionsbereitschaft in Industrie, Handel, Gastronomie und Privatwirtschaft wird durch die Krise auf längere Zeit sinken. Jetzt sind die öffentlichen Einrichtungen, wie Schulen, Sportstätten, Bundeswehr, die Verkehrsinfrastruktur usw. die letzte Stütze unserer Branche. Gleichzeitig besteht hier ein erheblicher Investitionsstau.

Wenn wir diesen Investitionsstau beherzt auflösen, schaffen wir eine Win-Win-Situation für das Handwerk und die gesamte Bevölkerung.

Unsere Unternehmen benötigen keine Kredite und kein Kurzarbeitergeld. Wir benötigen Aufträge!

So könnte der Staat auf manches Hilfspaket verzichten und würde als Gegenleistung eine sanierte Schule, eine generalüberholte Turnhalle – sprich eine Verbesserung der Infrastruktur unseres Landes bekommen. Kritische Infrastrukturen, auch die Krankenhäuser würden langfristig ertüchtigt. Wir würden als Gesellschaft gestärkt aus der Krise hervorgehen.

Daher unser Appell: Sorgen Sie jetzt schnell für Arbeit!
– Machen Sie mit uns bei allen verantwortlichen Stellen Druck auf die sofortige Ausweitung der öffentlichen Investitionen.
– Beschleunigen Sie anstehende Baumaßnahmen und beauftragen Sie diese jetzt.
– Reduzieren Sie Genehmigungsverfahren wie z. B. die Sondernutzungserlaubnis für Gerüstbau. Reduzieren Sie Bürokratie, die ehrliche Arbeit erschwert.
– Investieren Sie statt in Kurzarbeiter- oder Insolvenzgeld lieber in nachhaltige Leistung und beauftragen Sie jetzt Handwerksleistungen.
– Vermeiden Sie öffentliche Ausschreibungen, nutzen Sie stattdessen beschränkte Ausschreibungen oder freie Vergaben, um regionale Handwerksbetriebe zu unterstützen
Das investierte Geld ist nicht verloren, sondern fließt zweifach zurück: In Form von Steuern und in Form einer modernisierten Infrastruktur.

In diesem Sinne bitten wir um Unterstützung!

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